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Katharina Markus' "Lieblinge" des Jahrganges 2020

Benjamin Myers: Offene See. Dumont Verlag

Offene See ist nicht nur einer meiner Lieblinge, sondern auch im November zum Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhändler 2020 gewählt worden.

England 1946. Der junge Robert weiss, dass er nach der Schule in die Fußstapfen seines Vaters, Großvaters und Urgroßvaters treten muss. Nach diesem Sommer wird er im Bergwerk des Ortes anfangen. Robert aber liebt die Natur und Bewegung in den Wäldern und auf den Feldern. Ihm graust es vor der Arbeit unter Tage. Er erbittet sich von seinen Eltern einen Sommer Aufschub. Einmal möchte er das Meer sehen, bevor er der Familientradition folgt. Robert macht sich zu Fuß auf quer durchs Land. Unterwegs schläft er unter freiem Himmel, in verlassenen Heuschobern und manchmal in der Scheune eines Bauernhofes, wo er ein paar Tage gegen Kost und Logis arbeitet. Kurz vor dem Meer entdeckt er einen verwilderten Garten, in dem ein heruntergekommenes Cottage steht. Die dort wohnende ältere Dame lädt ihn erst auf eine Tasse Tee und später zum Abendessen ein. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion und einem Wissen über die ihm unbekannte Welt der Musik, Literatur und Malerei. Robert bleibt länger als geplant ...

Offene See ist ein ruhiges Buch mit wunderschönen Naturbeschreibungen und philosophischen Einschüben.

Richard Wagamese: Das weite Herz des Landes. Blessing Verlag

Dieses Jahr ist leider die Buchmesse in Frankfurt etwas anders ausgefallen als die letzten Jahre und so ist auch dem diesjährige Ehrengast Kanada nicht die Aufmerksamkeit zugekommen, die die kanadische Literatur verdient hat. Das möchte ich mit meinem nächsten Buchtipp ein bisschen nachholen.

In seinem autobiographischen Roman erzählt Wagamese die Geschichte des 16jährigen Franklin. Franklin wächst bei seinem Ziehvater auf einer Farm in British Columbia auf. Zu seinem Vater, einem Alkoholiker, der in der nächsten Stadt wohnt, hat er nur sporadisch Kontakt. Von seiner Mutter weiß er nichts. Bis sein Vater ihn eines Tages um einen Gefallen bittet. Er ist todkrank und möchte, dass Franklin ihn zu einem bestimmten Berg bringt und ihn dort nach Art seiner Vorfahren auf dem Objibwe-Kriegerweg mit Blick nach Osten bestattet. Während Franklin seinen sterbenden Vater auf dem Pferd durch die Wildnis Kanadas führt, beginnt dieser nach 16 Jahren Schweigen endlich zu erzählen: Von seinem Leben, von Franklins Mutter, seiner indianischen Herkunft.

Wagameses ruhige Erzählweise lässt uns eintauchen in die kanadischen Wälder. Das l lange Vater-Sohn Gespräch kommt ganz ohne Kitsch aus und ist trotzdem sehr anrührend und regt zum Nachdenken an.

Charlotte McConaghy: Zugvögel. Verlag S. Fischer

Der Roman spielt in einer nahen Zukunft. Die Meere sind fast leergefischt. Es gibt kaum noch Seevögel, da deren Nahrungsquelle fast versiegt ist. Franny erforscht die letzten Küstenseeschwalben. Sie hat es geschafft, zwei von Ihnen mit Peilsendern zu versehen und möchten Ihnen auf ihrem Flug in die Antarktis folgen. In einer kleinen Hafenstadt in Grönland trifft sie auf Ennis Malone, den Kapitän der Saghani. Sein Schiff gehört zu den letzten, die noch offiziell berechtigt sind, den Atlantischen Hering zu fischen. Franny überredet ihn und seine siebenköpfige Besatzung, sie an Bord zu nehmen. Auf einem engen Fischerboot kommt man sich zwangsläufig näher. Und so erfährt Franny - und wir Lesende mit ihr - nach und nach die Geschichten der verschiedenen Besatzungsmitglieder und warum sie trotz drohendem Berufsverbot weiterhin monatelang in der Eiseskälte unterwegs sind, um die letzten vorhandenen Fische zu fangen. Doch auch Franny schleppt einen ganzen Berg mit Problemen mit sich rum.

Mir gefallen an "Zugvögel" besonders die skurrilen Menschen, die dieses Buch bevölkern.

Bernard Schlink: Abschiedsfarben. Diogenes Verlag

Abschiedsfarben ist nach Liebesfluchten und Sommerlügen der dritte Erzählband von Bernhard Schlink.

Abschiede gibt es in allen Bereichen des Lebens. Abschied von einem geliebten Menschen, von einem Lebensabschnitt, von der Jugend, von einer Illusion, einer Schuld. Bernhard Schlink gibt in seinen neun Kurzgeschichten jeder Form ihren Platz. Was mir an dem Buch gut gefallen hat, ist die Vielfalt. Manche Geschichten lassen einen nachdenklich zurück, andere traurig, bei einigen habe ich mich gefragt, wie hätte ich in dieser Situation reagiert. Und die wichtigste Erkenntnis: Das Leben geht weiter.

Andreas Izquierdo: Schatten der Welt. Dumont Verlag

Thorn in Westpreußen 1910. Drei sehr unterschiedliche junge Leute freunden sich an. Der 14jährige schüchterne, schmächtige, jüdische Schneidersohn Carl. Der starke, impulsive, draufgängerische Arthur, Sohn des örtlichen Wagenbauers, und die freche Isi, Tochter des Lehrers. Obwohl alle drei aus einfachen Verhältnissen kommen, pfeifen Sie auf den Ernst des Lebens und haben große Träume. Fotograf werden, ein Unternehmen gründen und raus aus der Kleinstadt. Zusammen schlagen die drei sich mit kleinen Betrügereien durchs Leben. Als in der Zeitung der drohende Untergang der Menschheit durch den Kometen „Halley“ verkündet wird, verkaufen sie Pillen gegen den Weltuntergang.

Der Kriegsbeginn 1914 trennt die drei Freunde. Arthur und Carl werden eingezogen. Carl hat das Glück, nach der Grundausbildung als Fotograf zu Propagandazwecken eingesetzt zu werden, während Arthur unter dem sadistischen Offizier Boyen direkt an die Front muss. Isi kämpft derweilen Zuhause gegen den brutalen Vater, gegen unwürdige Arbeitsbedingungen und gegen die Ungerechtigkeiten im Leben der Frauen in Thorn.

Ein wunderschönes Buch, um für ein paar Stunden in eine andere Zeit abzutauchen. Man fiebert mit den drei jungen Freunden mit und drückt ihnen die Daumen, dass sich alles zum Guten wendet.

Jürgen Kasten: Begraben in Wuppertal. Gmeiner Verlag

Nach „Wuppertod“ ist es der zweite Fall für den grummeligen Chefermittler Fiebig und seine Kollegin Elke Fassbender. Nachdem der erste Fall sich um das Tanztheater Pina Bausch dreht, geht es im neuen Fall um das legendäre und verschollene Bernsteinzimmer. Hobbyhistoriker Kotthausen vermutet dieses in Wuppertal! Im Höhlenlabyrinth unter den Hardt-Anlagen will er danach suchen und wird dabei angeschossen. In den Höhlen stößt Fiebig bei seinen Ermittlungen nicht auf das Bernsteinzimmer, sondern auf zwei Mädchenskelette. Da diese dort nachweislich schon Jahrzehnte liegen, macht sich Fiebig auf die Suche nach alten, ungelösten Fällen im Raum Wuppertal. Ein spannender Krimi aus meiner Heimatstadt

Antje Herden: Parole Teetee. Tulipan Verlag

Ein Stadtviertel in Berlin. Man kennt sich vom Sehen, hat aber sonst nicht viel miteinander zu tun. So wie die Dame Teetee. Jeder kennt die etwas merkwürdige ältere Dame, die immer einen langen Mantel und einen Turban trägt. Doch das Auffälligste an Teetees Erscheinung ist ihre große bauchige Tasche. Sie ist aus schwarzem Leder und hat es in sich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn egal was passiert, egal was gebraucht wird, Teetee zieht immer das genau Passende daraus hervor. Auch wenn kaum einer sofort erkennt, dass das Herausgezogene, das genau Passende ist. Was aber nur daran liegt, dass die meisten Menschen eben nicht wissen, was sie gerade wirklich brauchen. Eines Tages ist die Dame Teetee verschwunden. Da die Erwachsenen nichts unternehmen wollen, machen die Kinder des Viertels sich selber auf die Suche. Ein toller Kinderkrimi, eine Geschichte über Freundschaft, Gerechtigkeit und den Zusammenhalt, der eine Nachbarschaft lebendig macht. Für Kinder ab 9 Jahre zum Selberlesen, aber auch sehr schön als Familienbuch zum Vorlesen

Keri Smith: Mach dieses Bilderbuch fertig. Verlag Antje Kunstmann

Dieses Bilderbuch fordert die Kinder auf, sich mit ihm zu beschäftigen. Denn auch Büchern kann es langweilig werden. Nämlich dann, wenn sie nur im Regal rumstehen und nicht angeguckt werden. Dieses Bilderbuch sehnt sich nach Abenteuern. Es will angefasst, geschüttelt und geknickt werden. Ein, wie ich finde, wunderbares, humorvolles Bilderbuch für Kinder ab 5 Jahre

Zum Schluss noch zwei Geschenktipps für Tierfreunde:

Nachdem letztes Jahr das  Memory „Siehst Du aus wie dein Hund?“ erschienen ist, gibt es dieses Jahr das Pendant für Katzenfreunde: „Siehst Du aus wie deine Katze?“ Laurence King Verlag

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